Das Cockpit
Seit Wochen hatten alle in der Firma auf den Tag hin gefiebert, wie auf einen Geburtstermin. Die Form für das Cockpit war eingetroffen. Jetzt konnte Prototyp Nummer eins laminiert werden.

Das Einlegen der ersten Lage Carbon läutete die finale Runde der Entwicklungsphase ein, wie eine Glocke die letzte Runde eines Radrennens. Ein feierlicher Moment, der zunächst noch von Nervosität überschattet war. Hatte sich die monatelange Arbeit gelohnt? Würde das Cockpit in der Realität so großartig aussehen wie als Konstruktionszeichnung und als 3D-Modell? Wie leicht würde das Teil sein? In wenigen Stunden würden wir es wissen. Zuvor aber mussten Dutzende Prepregs mit chirurgischer Präzision an die richtige Stelle gelegt werden. Angespannt starrten schließlich alle auf den Autoklav, dessen grünes Lichtsignal das Ende des Backprozesses verkündete. Das pneumatische Zischen beim Entriegeln verlieh dem Ganzen noch zusätzlich eine dramatische Note. Ganz langsam, gebremst von einer Dämpfung, öffnete sich die stählerne Luke. Die Spannung war kaum auszuhalten. Jetzt musste alles schnell gehen. Aluminium zieht sich zusammen, Carbon nicht. Würde das Cockpit nicht innerhalb der nächsten 20 Minuten befreit sein, würde es von der Form zerdrückt werden. Trotz des Zeitdrucks durften aber keine Fehler gemacht werden. Und dann hielten wir es in den Händen. THE COCKPIT Nummer 001. Noch warm vom Backen und wunderschön. Der Gewichts-Check auf der Feinwaage zauberte Ingenieur Michael ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen: Nur 304 Gramm. Und das beim ersten Versuch. Bei den nächsten Prototypen würde das Layup nach und nach optimiert werden. Da ging noch was. Unser großes Ziel, die magische 300-Gramm-Marke zu knacken, schien auf jeden Fall möglich zu sein.
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